Das Unglück der Selbstoptimierer…
…oder: Das Glück am Sankt-Nimmerleins-Tag
von Dr. Wolf-Jürgen Maurer
Viele Menschen sind auf der Suche nach dem von äußeren Bedingungen abhängigen Glück, dem sog. Maximalglück. Sie erstellen Listen, wie z. B.:
-
Ich werde zufrieden sein, wenn …
-
Ich werde dann zufrieden sein, wenn …
-
Ich bin erst zufrieden mit mir, wenn…
Damit verschieben sie ihre Wünsche auf den Sankt-Nimmerleins-Tag und machen ihre Zufriedenheit von äußeren Bedingungen und Erfüllung von Idealbedingungen abhängig, das aber entspricht einer Entscheidung, sich unglücklich zu machen. Denn wer heute nicht zufrieden sein kann, der wird es morgen auch nicht können, denn das Glück liegt immer nur in einem selbst, in einem authentischen Dasein voller Eigen-Sinn und in einer resonanten lebendigen, ja liebevollen Beziehung zur Welt, zur Natur, zu Mitmenschen sowie zu meiner Arbeit. Letztlich sind die aufgestellten Bedingungen für Glück und Zufriedenheit nur Ressourcen. Ein Mensch kann tief deprimiert sein, obwohl er über all das verfügt. Man muss die Frage nach gelingendem Leben also anders stellen. Ich meine, es kommt darauf an, wie jemand mit der Welt -und mit sich selbst-verbunden ist. Es geht darum, von einer Sache oder einer Person bewegt oder berührt zu sein, von ihr angesprochen zu werden. Das Leben gelingt nicht allein, wenn wir reich an Ressourcen und Optionen sind, sondern wenn wir es lieben.Beschleunigung und Entfremdung oder achtsame Resonanz und Lieben können- Glück heisst lieben können laut Hermann Hesse.
Folgende Übungen schlage ich vielen Menschen vor:
Bitte tun Sie jeden Tag eine Stunde lang so, als wären bereits alle Bedingungen für Ihre Zufriedenheit erfüllt. Sie dürfen so denken, so fühlen, so handeln, als wären Sie bereits am Ziel angekommen. Beobachten Sie einfach mal, wonach Ihnen ist, wenn Sie ganz in der Gegenwart leben und all Ihre Bedingungen fallen lassen.
Sie können auch sich stündlich daran erinnern lassen, den folgenden Satz zu vervollständigen:
Am liebsten würde ich jetzt …
Überprüfen Sie dann, wie oft Sie nicht das tun, was Sie eigentlich tun mögen.
Stellen Sie sich die Frage: Wann tun Sie, wann erlauben Sie sich endlich das, was Sie selbst am liebsten mögen? …
…Statt Fleißkarten zu sammeln, um den „Numerus Clausus“ für das ewige Glück im Jenseits zu bestehen, nach dem Motto: Nur wer schwitzt, kommt in den Himmel!
Denken Sie daran: Je größer die Schnittfläche zwischen Ihren Wünschen und Ihren Handlungen ist, desto mehr werden Sie Ihr Glück in der Gegenwart finden und genießen können, statt sich selbst ständig auf Später zu vertrösten.
Viel Zufriedenheit wünscht Ihnen
Dr. Wolf Maurer