Bewusstseinstexte Dr. W.-J. Maurer

Lernen Sie, Ihr Herz zu öffnen – Das Problem (Teil II)

von Dr. med. Wolf-Jürgen Maurer

 

Jedes Problem beinhaltet im Grunde ein Geschenk für uns. Eigentlich können wir sogar froh sein über Lebensumstände, die uns genau die unangenehmen Gefühle bewusst machen, denen wir schon viel zu lange aus dem Weg gehen. Krisen entstehen meist erst dadurch, dass wir zu lange Vogel-Strauß-Politik betreiben und vor unangenehmen Gefühlen weglaufen, die uns unbewusst beherrschen. Durch die problematische Krise haben wir die Chance, alte kindliche Verwundungen zu heilen, um unser verschlossenes Herz wieder zu öffnen und endlich frei zu werden für ein Leben, das unserem wahren Wesen im Kontakt mit unserer Herzensstimme entspricht.

Unsere Probleme werden nie von etwas verursacht, das außerhalb von uns selbst liegt. Zum Problem wird etwas erst durch die Gefühle, die es in Ihnen auslöst. Was eine Sache zu einem Problem für Sie macht, ist das Gefühl, das es in Ihnen auslöst und das sie nicht fühlen wollen- weswegen Sie es zu verdrängen, zu bekämpfen oder zu vermeiden suchen. Sie flüchten in den Kopf, starten eine endlose Problemanalyse und verschließen dabei Ihr Herz. Dieses „Kopffüßler-Dasein“ erzeugt das freudlose Alltagsbewusstsein, das die meisten als Normalzustand akzeptiert haben, seit sie wegen einer emotionalen Verwundung als kleines Kind gelernt haben, ihr Herz zu verschließen.

Normalerweise versuchen die meisten Menschen ihr Leben so einzurichten, dass sie sich unangenehme schmerzliche Gefühle vom Leib halten. Aus Angst vor ihren Gefühlen vermeiden sie es, mit ihnen wirklich in Kontakt zu kommen und werden gerade dadurch von ihnen beherrscht: ob cooler Gefühlsunterdrücker oder emotional-unbeherrschter Vulkan -die Gefühle, die sie nicht fühlen wollen, haben ihr Leben unbewusst im Griff. Statt unseren Schmerz und unsere Sehnsucht wirklich zu fühlen, flüchten wir in den Kopf, urteilen und werden wütend.

Wir hören nicht mehr auf unsere Herzensstimme, sondern auf die Stimme der Angst, trennen uns voneinander, verurteilen uns gegenseitig, schotten uns ab oder greifen selbst an. Schuld, Angst, Ärger, Selbstzweifel, und Sorgen sind die Hölle auf Erden. Unsere lieblosen Gedanken über uns selbst, über unseren Körper und über andere Menschen halten uns in einem Traum der Hölle zurück. Jeder Schmerz hier bezeugt unsere Sehnsucht nach unserem wahren Zuhause. Dabei sind wir immer nur einen Gedanken vom Himmel entfernt. Wir müssten nur unser Herz öffnen und unseren lieblosen Umgang mit unseren Gefühlen verändern. Denn dieser lieblose Umgang erzeugt lieblose Gedanken und diese produzieren umgekehrt weitere angstbasierte Gefühle.

Unser Herz aber ist leider die meiste Zeit nicht offen, sondern verschlossen. Und unser nicht angenommenes Gefühl, das seit den uneinfühlsamen Verwundungen unserer Kindheit wie ein emotionales Baby in uns wohnt, dem wir den Zutritt zu unserem Herzen verschließen, sitzt draußen und friert. Und es versucht eifrig Gelegenheiten in unserem Leben und in unseren Beziehungen zu schaffen, um das in der Vergangenheit Versäumte endlich nachzuholen. Dass unser Herz verschlossen ist, erkennen wir übrigens daran, dass wir leiden oder dass andere unter uns leiden. Leid entsteht durch schmerzliche Gefühle, denen Widerstand geleistet wird-und die sich gerade wegen diesem Kampf nicht auflösen und uns in der Angstspannung gefangen halten. Gefühle, die nicht angenommen wurden, sind blockierte Energien, die in unserem Körper quasi in gefrorenem Zustand zurückgehalten werden und zu Schmerz oder Verspannungen und Krankheiten führen. Verdrängte Gefühle werden nicht von selbst entgiftet und sind nicht einfach weg, wenn wir sie nicht mehr bewusst wahrnehmen. Sie werden weder von der Leber verstoffwechselt noch von der Niere entgiftet und mit Pipi ausgeschieden. Sie bleiben wie Kellerkinder eingesperrt im Körper. Diese verdrängten Gefühle sind wie kleine Teilpersönlichkeiten, die uns beherrschen, solange wir sie nicht erlösen durch achtsames Aufspüren im Körper und aufmerksam-annehmendes Fühlen. Erst die Erlaubnis und Bereitschaft, alles zu fühlen, was eh schon in uns seit langem präsent ist, führt in Freiheit, Frieden und Empfinden von Liebe und Mitgefühl-mit uns selbst und anderen.

Statt endloses Kopfzerbrechen geht es also auf dem Weg zu Gesundheit, Heilung und zu unserer eigenen Mitte darum, unser Herz zu öffnen. Wenn wir ein Gefühl aus unserem Bewußtsein ausgeblendet haben, nehmen wir nur noch seinen körperlichen Ausdruck wahr. Der Körper leidet unter der Bürde nicht gefühlter Gefühle. Deshalb beginnt der Weg zum Herzen bei der bewussten Wahrnehmung unserer körperlichen Empfindungen, in denen wir vermiedene gefürchtete Gefühle wieder entdecken und in unser mitfühlend-annehmendes Herz holen dürfen, um heil und frei zu werden.

Unsere emotionalen Babies wollen im Körper entdeckt und willkommen geheißen werden und endlich Zugang zu unserem Herzen finden. Dies geschieht zum Beispiel in einer Haltung der achtsam-fokussierenden Innenschau: einer meditativ-beobachtenden Haltung mit bewusstem Atmen in schmerzhafte Körperbereiche und neugierig-erforschende Fokussierung auf die Gefühle, die sich hierin verstecken. Diesen gilt es Raum zu geben und sie willkommen zu heißen. Sie melden sich mit einem Bedürfnis, und wir dürfen den Gefühlsteil fragen, was es von unserem Herzen braucht. Meist ist dies einfach die Erlaubnis da zu sein, unser Verständnis und unsere liebevolle Annahme. Dann machen wir die Erfahrung, nur was wir ablehnen ist hässlich. Unsere Annahme verwandelt die vermeintlichen „Drachenbabies“.Damit erlösen wir das Gefühl dieses kindlichen Teils in uns, statt uns mit ihm zu identifizieren, es zu fürchten, es zu bekämpfen oder vor ihm zu flüchten. Wir entdecken dann, dass wir viel mehr als unsere Gefühle sind. Mit der Öffnung unseres Herzens finden wir endlich zurück in einen gelassenen friedvollen natürlichen Zustand der Liebe für uns und mitfühlendes Verständnis für andere Menschen. So gut wie alles in unserem Leben dreht sich ja bei genauem Hinschauen um Gefühle. Alles was wir tun, tun wir aus dem Wunsch angenehme Gefühle zu erleben und auch hinter unseren Beziehungskonflikten; Entscheidungsschwierigkeiten und Problemen stecken Gefühle, die wir nicht fühlen wollen. Wir fallen lieber unserer ohnmächtigen Wut und resignativen Verzweiflung anheim als unseren Schmerz einmal wirklich zu fühlen. Wir kämpfen ein Leben lang darum, von anderen angenommen zu werden, vermeiden aber, dieses alte Gefühl des Nicht-Angenommen-Worden-Seins selbst mitfühlend anzunehmen. Indem wir alles tun, um den Schmerz der Ablehnung nicht fühlen zu müssen wird unser Leben zu einem Kampf und der vermiedene emotionale Schmerz zu einem beherrschenden Faktor in unserem Leben. Es ist ein riesiger Unterschied, von einem Gefühl beherrscht zu werden, als es bewusst und achtsam wahrzunehmen. Wenn Sie einmal wirklich Ihr abgelehntes Gefühl, ihr emotionales Kind, angenommen haben, müssen Sie nicht mehr darum kämpfen, von anderen angenommen zu werden. Und es wird Ihnen leichter fallen, andere Menschen ebenfalls anzunehmen. Dazu kommt noch, dass andere uns meist genau so behandeln, wie wir uns unbewusst selbst behandeln. Sie sind also Spiegel für uns, die wir je nach unserem Geisteszustand und er Energie unseres Herzens anziehen.

Anstatt über ihre Probleme nachzugrübeln, sich pausenlos von ihnen abzulenken, gegen sich selbst und andere Menschen oder ihre körperlichen Beschwerden anzukämpfen, lade ich Sie ein, alles, was Ihnen Kummer und Qual bereitet aufmerksam zu fühlen. Ein Problem, das eben noch unlösbar schien, verwandelt sich dadurch. Lernen Sie- bei schwereren Verletzungen in Ihrem Leben unter professioneller therapeutischer Begleitung-, sich nicht mehr gegen Ihre Gefühle zu wehren, durchleben Sie sie bewusst und ohne damit identifiziert zu sein und bringen Sie damit einem Moment lang Mitgefühl und Verständnis für sich selbst auf-dann sind Sie nicht mehr von diesem Gefühl beherrscht und endlich frei, aus Ihrer Mitte heraus zu leben und zu lieben.

Das wünscht Ihnen,

Dr. Wolf Maurer

Weiterführende Hörbücher:

PSS 1, 2-6, 7, 8, 141819, 25 und 27 (mit vielen Übungen zur Heilung des inneren Kindes!)

 

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