Bewusstseinstexte Dr. W.-J. Maurer

Selbstachtung und Selbstermächtigung

von Dr. Wolf-Jürgen Maurer

 

Virginia Satir wird oft gern die Mutter der Familientherapie genannt.

Ihr Anliegen war es, Menschen die Möglichkeiten aufzuzeigen, ihr menschliches Potenzial nutzen zu können, um Wachstum und Frieden zu schaffen.

Hierzu betrachtete sie Authentizität, Selbstachtung und Selbstannahme sowie offene Kommunikation und Selbstverantwortung wesentlich für gelingende Beziehungen, Heilung und Lebendigkeit.

 

Bekenntnis zur Selbstachtung

(von Virginia Satir)

Ich bin ich.

Auf der ganzen Welt gibt es niemanden wie mich.

Es gibt Menschen, die mir in vielem gleichen, aber niemand gleicht mir aufs Haar.

Deshalb ist alles, was von mir kommt,
mein Eigenes, weil ich mich dazu entschlossen habe.

Alles, was mit mir zu tun hat, gehört zu mir.

Mein Körper, mit allem was er tut, mein Kopf, mit allen Gedanken und Ideen,
meine Augen, mit allen Bildern, die sie erblicken, meine Gefühle, gleich welcher Art- Ärger, Freude, Frustration, Liebe Enttäuschung, Begeisterung.

Mein Mund und alle Worte, die aus ihm kommen, höflich, lieb oder schroff, richtig oder falsch.

Meine Stimme, laut oder leise, und alles, was ich mir selbst oder anderen tue.

Mir gehören meine Phantasien, meine Träume, meine Hoffnungen, meine Befürchtungen, mir gehören all meine Siege und Erfolg und all meine Niederlagen und Fehler.

Weil ich mir ganz gehöre, kann ich mich näher mit mir vertraut machen.

Dadurch kann ich mich lieben und alles, was zu mir gehört, freundlich betrachten.
Damit ist es mir möglich, mich voll zu entfalten.

Ich weiß, daß es einiges an mir gibt,
das mich verwirrt, und manches, das ich noch gar nicht kenne.

Aber solange ich freundlich und liebevoll mit mir umgehe, kann ich mutig und hoffnungsvoll nach Lösungen für Unklarheiten schauen und Wege suchen,
mehr über mich selbst zu erfahren.

Wie auch immer ich aussehe und mich anhöre, was ich sage und tue, was ich denke und fühle, immer bin ich es.

Es hat seine Berechtigung, weil es ein Ausdruck dessen ist, wie es mir im Moment gerade geht.

Wenn ich später zurückschaue,
wie ich ausgesehen und mich angehört habe, was ich gesagt und getan habe,
wie ich gedacht und gefühlt habe, kann es sein, daß sich einiges davon als unpassend herausstellt.

Ich kann das, was unpassend ist, ablegen
und das, was sich als passend erwiesen hat, beibehalten und etwas Neues erfinden für das, was ich abgelegt habe.

Ich kann sehen, hören, fühlen, denken, sprechen und handeln.

Ich besitze die Werkzeuge, die ich zum Überleben brauche, mit denen ich Nähe zu anderen herstellen und mich schöpferisch ausdrücken kann, und die mir helfen, einen Sinn und eine Ordnung in der Welt der Menschen und der Dinge um mich herum zu finden.

Ich gehöre mir und deshalb kann ich aus mir etwas machen.

Ich bin ich und so, wie ich bin, bin ich ganz in Ordnung.

(Virginia Satir
Begründerin der Familientherapie)

 

Ich bin ich — und ich bin gut!
Jeder Mensch sollte sich bemühen und mutig sein, das so zu denken.
Der Weg zum Vertrauen liegt in uns selbst.

Eine gesunde Selbstachtung sollte allerdings nicht auf einer angestrengten Selbstoptimierung,Erfolgsstreben und Selbstausbeutung beruhen, aber auch nicht auf einer machohaften illusorischen Selbsttäuschung und Selbstüberschätzung, wie im folgenden nicht ganz jugendfreien Witz der Frosch in der roten Badehose:

In Heidelberg auf der Neckarwiese läuft ein Frosch in roter Badehose.

Er schwingt die Hüften und proletet lautstark: „Ich bin ein Schwan! Ich bin ein Schwan!“.

Zwei Entchen beobachten ihn missbilligend.

Der Frosch gibt keine Ruhe. Immer wieder ertönt sein „Ich bin ein Schwan!“.

„Du bist kein Schwan, du bist nur ein kleiner Frosch mit einer roten Badehose.“

Der Frosch mit der Badehose will dies aber nicht wahrhaben.

Die Enten halten es nicht mehr aus: „Jetzt halt doch mal die Luft an, Du Angeber, Du Macho, Du …“.

Kommt mal her, ihr beiden Enten!“, tönt der Frosch.

Die Enten watscheln zu ihm, und der Frosch spannt die Badehose von seinem Körper weg, so dass man in die Hose schauen kann.

„Da, schaut mal rein!“

Die Enten schauen rein und … holen tief Luft:

„Mein lieber Schwan!“.

 

Die 5 Freiheiten (Virginia Satir), die jeder für sich in Anspruch nehmen sollte:

1. Die Freiheit zu sehen und zu hören, was im Moment wirklich da ist – anstatt das, was sein sollte, gewesen ist oder erst sein wird.

Achtsam durch das Leben gehen wie ein bewusster Beobachter, d.h. die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt konzentrieren, nicht mit den Gedanken abschweifen weder in die Vergangenheit, noch in die Zukunft. Das Hier und Jetzt auf sich wirken lassen, ohne sofortige Beurteilung und gedankliches Konstruieren einer Wirklichkeit, wie man meint, daß sie denn besser sein sollte. All das gibt mir die Möglichkeit meine Energie optimal zu nutzen.

2. Die Freiheit, das auszusprechen, was ich wirklich fühle und denke – und nicht das, was von mir erwartet wird.

Ich bin ich und ich habe das Recht und vielleicht sogar die Pflicht, das auszusprechen, was ich fühle, denke und möchte. Sagen wir nur „Ja und Amen“, sprechen wir nur das aus, was von uns erwartet wird, beschneiden wir unsere Persönlichkeit und verlieren unsere Kraft und Stärke. Nur wenn jeder ausspricht, was er fühlt und denkt gewinnt die Welt an Vielfältigkeit, entwickelt sich fort, macht neue Entdeckungen, ist kreativ.

3. Die Freiheit zu meinen Gefühlen zu stehen – und nicht etwas anderes vorzutäuschen.

Ich darf ich selbst sein, darf mich selbst verwirklichen, was Lebensfreude und Schaffenskraft gibt. Eine Sparsamkeit an Gefühlen lässt das Konto der Seele immer weiter schrumpfen.

4. Die Freiheit, um das zu bitten, was ich brauche – anstatt immer erst auf Erlaubnis zu warten.

Brauche ich etwas, habe ich das Recht darum zu bitten, darf ich kund tun, daß ich es brauche, damit auch andere wahrnehmen können, daß ich Hilfe, Unterstützung brauche. Nicht so lange warten bis andere merken, daß ich es brauche, denn dann werde ich schnell übersehen und komme zu kurz.

5. Die Freiheit in eigener Verantwortung Risiken einzugehen – anstatt immer nur auf „Nummer sicher zu gehen“ und nichts Neues zu wagen.

Jeder von uns hat Eigenverantwortung.

Ich entscheide, welche neuen Schritte ich machen möchte und welche Risiken ich dabei eingehen möchte. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt und wird ständig auf der Stelle treten.

.

Ein Vogel hat niemals Angst davor,
dass der Ast unter ihm brechen könnte!
Nicht weil er dem Ast vertraut,
sondern seinen eigenen Flügeln.

Das größte Böse ist, wenn du vergißt, dass du-wie ausnahmslos jeder Mensch-ein Königskind bist.

Wir dürfen keine Angst vor der Freiheit und Selbstverantwortung haben.

Wir sehnen uns zwar alle nach Freiheit, sind aber gleichzeitig auf vielfältige Art an die Macht gebunden, von der wir Anerkennung und Lob erwarten.

Das verurteilt uns zur ewigen Suche nach Bestätigung, ausgerechnet bei denen, die unsere wirklichen Bedürfnisse verneinen und uns Schaden zufügen (Arno Grün).

Wir dürfen uns auch nicht durch die begrenzten Vorstellungen anderer Leute definieren lassen (Virginia Satir).

Hierzu passt auch das folgende Zitat von Marianne Williamson, das Nelson Mandela in seiner Antrittsrede als Präsident von Südafrika verwendet hat:

Ebenfalls ein Aufruf zu Selbstermächtigung, Freiheit von Angst und Rückkehr zur Liebe, wie ihr bekanntestes Buch heißt:

Unsere tiefste Angst

Unsere tiefste Angst ist nicht, dass wir unzulänglich sind, unsere tiefste Angst ist, dass wir unermesslich machtvoll sind. Es ist unser Licht, das wir fürchten, nicht unsere Dunkelheit.

Wir fragen uns: “Wer bin ich eigentlich, dass ich leuchtend, begnadet, phantastisch sein darf?”

Wer bist du denn, es nicht zu sein?

Du bist ein Kind Gottes. Wenn du dich klein machst, dient das der Welt nicht. Es hat nichts mit Erleuchtung zu tun, wenn du schrumpfst, damit andere um dich herum, sich nicht verunsichert fühlen. Wir wurden geboren, um die Herrlichkeit Gottes zu verwirklichen, die in uns ist. Sie ist nicht nur in einigen von uns, sie ist in jedem Menschen.

Und wenn wir unser eigenes Licht leuchten lassen, geben wir unbewusst anderen Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun. Wenn wir selbst von Angst frei sind, dann sind die anderen durch unser Dasein auch frei.

(Marianne Williamson)

 

Bedenke: Alles, was du lehrst, lernst du. Lehre Angriff in irgendeiner Form, so lernst du ihn, und er wird dich verletzen. Wie du andere siehst, über sie denkst und behandelst, das lernst du. Lehre nur Liebe, und lerne, dass Liebe dein ist und dass du Liebe bist.

In einer nicht symptom – sondern entwicklungsorientierten Therapie geht es genau darum:

Sich aus alten Prägungen lösen, mutig Ängste überwinden, wachsen und sich als authentischen Menschen weiterentwickeln, liebevollen Kontakt zu sich selbst und anderen zu finden, Wahlfreiheit lernen und Selbstverantwortung übernehmen für ein liebevolles sinnzentiertes erfülltes Leben statt eines angstvermeidenden selbstunterdrückenden Überlebenskampfes.

Virginia Satir pflegte ihren Studenten zu sagen, sie seien dann am Ziel ihrer Bemühungen angelangt, wenn sie in der Lage seien, jemandem ohne Umschweife und auf eine Weise zu sagen, er habe einen üblen Geruch, dass der Betroffene das Gefühl hat, man habe ihm ein Geschenk gemacht.

Diesen offenherzigen Mut zu ehrlichen warmherzigen Beziehungen auf Augenhöhe wünscht Ihnen,

 

Dr. Wolf-Jürgen Maurer

Weiterführende Hörbücher:

PSS 2, 3, 5, 7, 8, 13, 14, 15, 19, 21, 22, 23, 25, 27

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