Selbstfürsorge: “Die Schale der Liebe”
von Dr. med. Wolf-Jürgen Maurer
Burnout ist zwar ein recht neumodisches Wort- aber Selbsterschöpfung gab es schon immer. Ebenso das Thema, wie Menschen mit ihrer Energie umgehen und wie gut individuell die Balance zwischen Geben und Nehmen gelingt.
Die Klärung solcher Muster, und ebenso der (unbewussten) Motive, wieso und wozu ein Mensch sich übermässig und grenzenlos selbst verausgabt, und was ihm selbst (an Sinn und Erfüllung) wirklich fehlt, ist ein zentraler Punkt in der Behandlung von Menschen mit depressiven Erschöpfungssyndromen.
Hierzu ein alter aber ewig aktueller Text zum Thema Selbstfürsorge und Selbstfreundschaft:
Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale und nicht als Kanal, der fast gleichzeitig empfängt und weiter gibt, während jene wartet, bis sie erfüllt ist. Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter…
Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen und habe nicht den Wunsch freigiebiger zu sein als Gott. Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird zur See. Die Schale schämt sich nicht, nicht überströmender zu sein als die Quelle…
Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst. Wenn du nämlich mit dir selbst schlecht umgehst, wem bist du dann gut? Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle, wenn nicht, schone dich.
Bernhard von Clairvaux (1090-1153)
In diesem 800 Jahre alten Gedicht klingt an, daß man erst gut für sich selbst sorgen muss, bevor man für andere da sein kann. Das gilt besonders für Menschen die in Berufen tätig sind, wo viel Kontakt und auch Fürsorgepflicht für andere Menschen besteht, aber natürlich rein grundsätzlich für alle Menschen!
Tue nicht den zweiten Schritt vor dem ersten, gib nicht aus einer inneren Leere heraus und aus Angst, sonst nicht liebenswert zu sein, laug’ dich nicht ständig selber aus. Haushalte mit deinen Ressourcen, sei bereit zu empfangen, und dann fließe gerne über und gib ab von dem was Du empfangen hast, wovon Du erfüllt bist. Das ist gesünder, für Dich und die anderen. Und es ist selbstmitfühlender und liebevoller im Umgang mit Dir selbst und dem anderen, dem Du abgibst von Deiner Zeit, Deiner Fülle.
Selbstfürsorge bedeutet zuerst die eigene Schale befüllen, um dann aus vollem Herzen- weder aus innerer Leere, Angst oder Schuldgefühlen heraus- geben zu können.
Fragen zum Nachdenken:
- Was sind Energiefresser für Sie?
- Was füllt Ihre “Schale”?
- Wie gehen Sie damit um, zuerst sich selbst zu versorgen?
- Fällt es Ihnen schwer? Plagt Sie sofort das schlechte Gewissen? Ist es leichter für andere da zu sein und zu geben statt zu nehmen?
- Wie achtsam und freundlich gehen Sie mit sich selbst um? Und wenn nicht, was sagt das über Sie selbst, Ihre Selbstwertschätzung und Ihr Selbstbild aus?
Mögen Sie lernen, sich mit sich selbst zu befreunden,
das wünscht Ihnen
Dr. Wolf Maurer
PSS Band 5, 7, 8, 20, 21, 23, 24